Erst einmal dachte ich, was für ein Quatsch, mit dem Reframing! Es kommt noch so weit, dass man so allein bleibt, dass man keinen Menschen braucht. Das Gefühl hatte ich schon immer, weil ich immer irgendwie Außenseiter war. Aber vielleicht deshalb, weil ich so sehr zu den anderen gehören wollte, vielmehr als jeder andere. Und am Ende blieb ich immer alleine. Ich habe sogar mein eine Stelle deswegen gekündigt, weil ich das nicht einmal das ertragen konnte, dass andere zusammen gelacht haben und ich ausgeschlossen blieb.
Wie die meisten Deutschen rannte ich dann zu Therapie. Ich rutschte vollständig in die Vergangenheit hinein, ohne mehr sehen zu können. Ich merkte die Unzufriedenheit der Therapeutin, die mir versuchte zu helfen und da ich der Meinung damals war, dass ich Hilfe brauche, wurde daraus ein unsäglicher Knäuel zwei verzweifelter Frauen.
Sollte das gewesen sein?
Die Jahre vergingen, meine Familie trug mich im Schlepptau mit, ich fühlte mich innerlich wie einst die Sissi im Film allein gelassen, die Diagnose überhäuften sich und die Berentung mit Mitte/Ende 30 drohte. Die letzte Therapeutin hat mir Aggressionen unterstellt, dass ich aggressiv sein sollte, ich konnte damit nichts anfangen. Ich fühlte keine Aggression. Aber ich hatte keine Depression und ich fand ungerecht, weiter die Krankenkasse zu belasten, weil ich mich nicht krank fühlte. Ich fühlte das Elend in mir, aber ich war nicht depressiv. Das wurde mir aber diagnostiziert. Ich hätte einen Menschen gebraucht, einen Menschen, der mir das geben würde, wonach in innerlich geschrien habe. Das kann doch nicht „krank“ heißen, was normale menschliche Bedürfnisse sind!
Der Funke Hoffnung – Reframing
Aus heutiger Sicht sage ich, ganz tief in mir war das das letzte, was ich fühlte, ein Funke Hoffnung. Dann habe ich den Satz gelesen: „Menschen haben keine Störungen, Menschen haben Bedürfnisse“. Diese erlösenden Worte ließen mich die ganze Nach schlaflos, wie wenn sich alles umgedreht hätte. Die ganze Unwahrheit über mich, die mir vermittelt wurde, die Diagnosen, die Erniedrigung und das Drängen in die Ecke, ich fühlte mich regelrecht traumatisiert. Plötzlich war alles weg!
Der Ausbruch
Meine Tochter schaute mich an, ich hörte wie im Rausch: „was ist denn mit dir passiert“, aber ich stand seit 5:00 in der Küche und aus dem was in Kühlschrank war, es war jede Menge da, bereitete ich Köstlichkeiten zu, wie vor 15 Jahren. Ich war geredet, aber das Glück strömte über meinen Körper und ich ahnte, es wird noch vieles Kommen, was Glück ist. Und eins war jetzt gewiss: ich bin gesund, ich bin nicht gestört, ich lebe und werde leben.
Ich habe mir das Buch „Reframing der Kindheit“ gekauft und schrieb. Ich las und konnte nicht aufhören zu schreiben. Ich habe mir noch ein Heft gekauft, um weiter zu schreiben. In meinem Kopf waren schon immer Ideen da, mitten im Geschehen zu sein, wie es sich anfühlt, das kleine Baby zu sein, wie es sich anfühlt, umsorgt zu sein, willkommen zu sein.
Meine Geschichte und Ich
Das tollste ist, dass ich die anderen Momente, die schön waren, jetzt auch empfinden kann. Die nennen das Würdigung und Ergänzung. Genau das ist es, ich habe die Ergänzung gebraucht, erst dann konnte ich das alles sehen und schätzen, was ich erlebt habe. Und das ist normal, wenn man aus einer Wüste kommt und kaum was zu trinken hatte, wenn man am Ende der Kraft ist, dann nimmt man die Schönheit der Wüste nicht wahr. Dennoch ist das keine Störung, das ist ein gesundes Empfinden! der Realität, die eine ganz subjektive ist und man das Recht darauf hat, so zu fühlen, wie es ist.
NIKU, Reframing und ich
Als ich im NIKU Inception – ich meine in dem Buch „Reframing der Kindheit“, später habe ich mir die App runtergeladen – die erste Geschichte lass, bereits da platzte die „Bombe“ innerlich und ich konnte nicht schlafen. Den ganzen Tag war ich hellwach und machte die Aufgaben abends weiter. Die Nacht darauf, ich schlief wie ein Baby, wie wenn das Leben zurückkehrte, einst in die Geborgenheit eingetaucht, die ich jetzt eingemummelt, in den festen Umarmungen meiner Protagonisten, gefunden habe. Ich habe sie wiedergefunden, die Geborgenheit meines Seins, mich. Ergänzung um das, was mir mein Leben nicht gegeben hat. Und wenn schon, dann hat mir das emotional jemand anderer gegeben.
Mein Leben jetzt
Aus der Euphorie wird allmählich eine entspannte, normale Realität. Ich bin ok und ich freue mich, Menschen lachen zu sehen, ich reiße wieder Witze und lache mit. Ich habe wieder Lust auf Sex, Lust auf Spaziergänge und die blöde Corona kann mich mal! Zuversicht, „ja dich kenne ich jetzt auch, Zuversicht, du bis da, ich bin nicht mehr allein.“
Ich bin froh, dass NIKU-Portal jetzt auch Artikel von User zulässt, dass ich das schreiben kann. Ich hatte das Bedürfnis, es mitzuteilen. Ich war nie gestört, ich hatte Bedürfnisse.
Ich habe eine neue Stelle, habe Angst, dass ich erkannt werden könnte, ich habe früher viel zu sehr gelitten. Deshalb schreibe ich anonym. Weibl, 39, nrw.